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发表于 2011-9-8 09:28:34
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Neue Zürcher Zeitung Mut zum Risiko Über die kleinen Unterschiede und ihre grossen Folgen
新苏黎世报
Die Begegnung mit anderen kann die eigenen Besonderheiten manchmal schmerzhaft vor Augen führen. Dass sich das Thema der Selbstfindung und Selbstbehauptung auch ohne erhobenen Zeigefinger mit Witz und Ironie zur Sprache bringen lässt, zeigen Neuerscheinungen, die sich auch gestalterisch durch einigen Eigensinn auszeichnen.
Sophie Gudrun Hermine van der Weiden ist ein ambitioniertes Wesen. Sie möchte als Sängerin Furore machen, und das am besten gleich, indem sie den Wettbewerb in der grossen Stadt gewinnt. Doch als das musikalische Rindvieh sich dorthin aufmacht, um nach einem Orchester Ausschau zu halten, das ihre Darbietung begleiten soll, muss sie feststellen, das zunächst einmal ganz andere Kriterien als die musikalische Begabung ins Spiel kommen, wenn es um die Aufnahme in die musikalische Gemeinschaft geht.
Wer will, findet immer einen Grund, um andere auszugrenzen. Wo Sophie auch vorspricht, wird sie mit den merkwürdigsten Argumenten abgewiesen. Das «Rindvieh-Orchester» nimmt keine braun gefleckten Kühe auf, der vor allem von Giraffen gebildeten «Königlichen Harmonie der Wiederkäuer» ist ihr Hals zu kurz, während sich das «Musikkränzchen der Gehörnten» an der bescheidenen Ausladung ihrer Hörner stösst. Als dann auch noch die Snobs unter den Orchestern, die «Behuften Musikanten», sie wegen mangelnder Eleganz abweisen, greift die wutentbrannte Sophie zur Selbsthilfe, gründet ihr eigenes Orchester und – wie sollte es auch anders sein – gewinnt den Wettbewerb.
Geoffroy de Pennart lässt diese lehrreiche und amüsante Geschichte in klaren Farben und Umrissen Kontur gewinnen. Dem Leitmotiv der Erzählung – der Konfrontation der einen mit den anderen – schafft der Illustrator auf der formalen Seite eine Entsprechung, indem er die beiden Seiten des Buches selbst in der Art einer Gegenüberstellung organisiert. Seiner Hauptdarstellerin, der energischen Paarhuferin Sophie, räumt er stets die linke Bildseite ein, während die einzelnen Gruppierungen, die sie besucht, auf der rechten Buchseite zu Hause sind. Auf diese Weise gewinnt Pennart den Raum, die Figur Sophies nicht nur in ihrer äusserlichen Eigenheit zu umschreiben, sondern auch ihre Reaktion auf das Geschehen in der Art einer Charakterskizze ins Bild zu setzen, während er die Orchester zeigen kann als eine in einer eigenen Welt lebende geschlossene Gesellschaft.
Auch bei Pozor ist es eine reine Äusserlichkeit, die die Menschen davon abhält, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Der grosse gelbe Hund hat ein so riesiges Maul, dass alle Reissaus nehmen, mit denen er sprechen will. Was immer er auch tut, um den anderen die Angst vor seiner Gestalt zu nehmen, fruchtet nichts. Sein Lächeln ist in ihren Augen ein Zähnefletschen, und sein Versuch, leise zu sprechen, kommt bei ihnen als ein Knurren an. Dabei ist Pozor wohlerzogen und ordentlich. Sogar seine Decke klopft er selber aus, und Geschirr spülen kann er auch. Doch was helfen ihm diese Künste, wenn niemand ihm ein Zuhause geben will? Erst als er Lukas kennenlernt, den Buben, der so klein ist, dass die Mutter ihn beim Aufräumen zu den Stofftieren setzt, geht sein Wunsch in Erfüllung.
Der Illustrator Bernd Mölck-Tassel hat diesen Weg, den die beiden zurücklegen, bis sie trotz ihrem enormen Grössenunterschied zu Freunden werden, auf höchst unorthodoxe Weise gestaltet. Er begnügt sich nicht damit, Bilder zu dieser von Anne Maar erfundenen Geschichte zu entwerfen, sondern er hat diese Erzählung Buchstabe für Buchstabe selbst niedergeschrieben. Das bewegte Schriftbild, das dabei entstanden ist, erscheint wie ein Spiegel der Gefühlsbewegungen, die die beiden Hauptfiguren durchlaufen, bis sie zueinander finden. Die ganze Spannung aber der Ereignisse, die Pozor und Lukas zusammen durchleben, konzentriert sich in Bildern, deren sprunghafte Perspektiven und kantige Formen das Bild einer Welt entwerfen, in der die Grenze zwischen Phantasie und Realität im Nu übersprungen wird.
Ein besonderes Merkmal hat auch Sigmund. Seitdem er als kleiner Vogel aus dem Nest gefallen ist, besteht sein ganzes Vokabular aus zwei Worten: «Zack bumm!» Zwar haben sich die Tiere des Waldes daran schnell gewöhnt, doch Sigmund selbst ist darüber sehr traurig. Erst die Begegnung mit dem klugen Hasen Carl Gustav gibt ihm die Lebensfreude zurück. Auf dessen Nachdenksofa erinnert Sigmund nicht nur das Ereignis, das ihn in seiner Sprachfähigkeit eingeschränkt hat, sondern er lernt auch seine inzwischen hoch entwickelten Flugkünste als eine Stärke schätzen, die ihn durch die Lüfte wie durch das Leben tragen kann. Wo, wenn nicht in Wien, der frühen Wirkungsstätte Sigmund Freuds, hätte ein solches Bilderbuch erscheinen können. Es bietet Lesespass und Augenschmaus für Kinder wie Eltern. Während sich die Grossen an den subtilen Anspielungen auf die Psychoanalyse ergötzen können, mit denen Heinz Janisch in seiner Erzählung nicht spart, werden sich die Kleinen wohl in der von Helga Bansch gestalteten sanftfarbigen Welt dieses kleinen, zerzausten, vom Baum gefallenen Vogels schnell heimisch fühlen. Selbstvertrauen wächst eben nicht auf Bäumen. Dafür braucht es schon die Begegnung mit den anderen.
Ursula Sinnreich
[ 本帖最后由 悠悠冉冉 于 2011-9-8 15:22 编辑 ] |
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